Stift und Papier nicht mehr erforderlich

Elektronisch signieren auf der Baustelle

Ob von der Baustelle oder Büro – mit der E-Signatur ist Unterschreiben orts- und zeitunabhängig auf dem Tablet oder am Computer möglich. Foto: Skribble

Vor dem Hintergrund des Onlinezusatzgesetzes wurden hier bereits vor zwei Jahren die meisten Prozesse digitalisiert. Nur ein kleiner Hebel mit großer Wirkung fehlte zunächst noch: die Einführung der qualifizierten elektronischen Signatur, kurz QES.

Ohne QES mussten Bauanträge wie seit Jahrzehnten weiterhin auf Papier eingereicht und Baugenehmigungen ebenfalls auf diese Weise erteilt werden. Seit rund einem Jahr ist aber auch das in Radolfzell endgültig vorbei. Seit dem 1. Januar 2022 werden Bauanträge ausschließlich über die eigene Plattform eBau eingereicht. Dank des letzten Bausteins E-Signatur steht Architekten und Bauherren nun das komplette Dienstleistungsangebot der Abteilung digital zur Verfügung. Das Baugenehmigungsverfahren läuft vollständig digitalisiert ab, Medienbrüche sind passé. Damit ist Radolfzell ein hervorragendes Beispiel dafür, was die elektronische Signatur im Baubereich leisten kann.

Die möglichen Anwendungen sind jedoch nicht auf behördliche Genehmigungsverfahren beschränkt. Unternehmen der Branche nutzen sie bei unterschiedlichen Dokumenten, sowohl auf der Baustelle als auch im Büro. Dazu gehören unter anderem Werkverträge, die ein Bauunternehmen mit Kunden signiert, oder Lieferantenverträge für die Bestellung von Baustoffen sowie für Verträge mit Subunternehmen. Rapportzettel, Annahmeprotokolle und Arbeitsverträge sind ebenfalls Beispiele. Architekturbüros setzen die E-Signatur bei Werkverträgen, technischen Zeichnungen, Stundenlohnarbeiten und Teilnahmen an Ausschreibungen ein.

Eine der wesentlichen Vorteile dieser Lösung ist die Zeitersparnis: Alle Partner erhalten innerhalb von Sekunden die aktuelle Vertragsversion. Signiert wird mit nur einem Klick. Demgegenüber steht der bislang übliche Weg: Vertrag digital erstellen, ausdrucken, von Hand unterschreiben, einscannen und per E-Mail verschicken – oder alternativ auf dem Postweg. Das kann Tage, vielleicht sogar Wochen dauern. Verbunden mit der Schnelligkeit der modernen Lösung ist eine Minimierung der Risiken. Denn unter Zeitdruck – Stichwort Deadlines – beginnen Bauarbeiten mitunter, ehe alle wichtigen vertraglichen Details geklärt sind und der Vertrag unterschrieben ist. Kommt es dann im Nachhinein zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, kann die Sache schnell vor Gericht landen – mit womöglich üblen Folgen für das Unternehmen.

 

Philipp Dick. Foto: Skribble

Ein weiterer wichtiger Punkt gerade für die Bauwirtschaft ist die Ortsunabhängigkeit. Wie oft sind unterschriftsberechtigte Bauleiter unterwegs? Und auf den Baustellen gibt es nicht immer ein komplett eingerichtetes Büro. Das Tablet oder Smartphone aber hat man immer bei der Hand. Und diese Geräte genügen vollkommen für eine rechtsgültige Unterschrift. Daraus lässt sich eine enorme Kostenersparnis ableiten: Unnötige Fahrten ins Büro entfallen, ebenso wie Ausgaben für Papier und Porto.

Unterm Strich spricht also vieles für eine flächendeckende Nutzung der E-Signatur im Baubereich. Trotz eines stetig wachsenden Interesses ist sie davon allerdings noch ein ganzes Stück entfernt. Das liegt vor allem an einem latenten Gefühl der Unsicherheit, was die Rechtsgültigkeit dieser Form der "Unterschrift" betrifft. Dafür gibt es jedoch keinerlei triftige Gründe, wie auch die Nutzung durch Behörden wie der Stadt Radolfzell belegt. Hierzulande und EU-weit ist die Rechtsgültigkeit elektronischer Signaturen ganz klar geregelt: im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, Art. 126a) sowie in der "Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt" (eIDAS-Verordnung). Die eIDAS definiert drei E-Signatur-Standards: die qualifizierten elektronische Signatur (QES), die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES) und die einfache elektronische Signatur (EES). Das nationale Recht regelt, bei welchem Dokument welcher Standard erforderlich ist.

So kann die QES in Deutschland die handschriftliche Unterschrift (bei Verträgen, die die Schriftform verlangen) ersetzen. Für die QES, die auch die höchste Beweiskraft für den Fall einer juristischen Auseinandersetzung liefert, ist ein "digitales qualifiziertes Zertifikat" erforderlich, vergleichbar mit einem elektronischen Ausweis. Die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES ) ist rechtsgültig bei Verträgen, bei denen das Gesetz keine spezielle Form vorschreibt. Die einfache elektronische Signatur (EES) kommt zur Anwendung, wenn ein geringes Haftungsrisiko vorliegt. Um die jeweils korrekten Standards auszuwählen, sollten sich Unternehmen vor Einführung der E-Signatur juristisch beraten lassen. So steht einem Wechsel zu papierlosen Büros und Baustellen nichts mehr im Wege.

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