NordBau 2019

Die Digitalisierung greifbar machen

Messechef Dirk Iwersen (l.) und Messeleiter Wolfgerd Jansch freuen sich auf die NordBau 2019.Foto: Bachmann

Neumünster. – Die Digitalisierung wird auch zur 64. Ausgabe der NordBau in Neumünster das beherrschende Thema der Messe sein. Im traditionellen Vorgespräch mit der Allgemeinen Bauzeitung (ABZ) verrieten Dirk Iwersen, Geschäftsführer der Holstenhallen Neumünster GmbH, und Wolfgerd Jansch, Prokurist und Leiter der Messe NordBau, warum eine Fortsetzung des Sonderthemas aus dem vergangenen Jahr sinnvoll ist und welche weiteren Schwerpunkte die Messebesucher in diesem Jahr erwarten. Vom 11. bis zum 14. September öffnen sich erneut die Tore zur NordBau in Neumünster, Nordeuropas größter Kompaktmesse für das Bauen. Mit ihrem jährlichen Rhythmus ist sie in gewisser Weise ein Unikum unter den deutschen Baufachmessen. Für die Veranstalter liegt genau darin ein entscheidender Vorteil. "Dass die NordBau jedes Jahr stattfindet, erlaubt es uns einerseits, zeitnah auf aktuell wichtige Themen in der Branche einzugehen, und andererseits, komplexe Themen über einen längeren Zeitraum zu verfolgen, ohne dabei den Aktualitätsbezug zu verlieren."

Digitalisierung 2.0

Die Digitalisierung ist ein solches Thema – äußerst komplex und in seiner Gänze betrachtet kaum überschaubar. Das zumindest ist der Eindruck, der angesichts der Fülle an Angeboten und Teilbereichen, die sich unter diesem Schlagwort versammeln, oft entsteht. "In vielen Köpfen herrscht noch immer die Vorstellung, dass die Digitalisierung ein riesiges Unterfangen ist", erklärt Messeleiter Wolfgerd Jansch. "Das hemmt viele Beteiligte, die Chancen zu ergreifen, die sie bietet. Wir wollen den Menschen die Scheu nehmen, indem wir die Digitalisierung auf einzelne Arbeitsbereiche herunterbrechen und konkrete Einsatzmöglichkeiten in der Praxis aufzeigen."

Bereits im vergangenen Jahr hatte die NordBau zusammen mit dem Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik e. V. (VDBUM) die Sonderschau "digitale Baustelle" auf die Beine gestellt. Aufgrund des großen Interesses der Messebesucher und weil ein so umfassendes Thema einer kontinuierlichen Auseinandersetzung bedürfe, soll es auf der diesjährigen NordBau eine Fortsetzung bekommen. "Wir sind sehr froh, den VDBUM hierfür als kompetenten Partner an Bord zu haben", sagt Jansch. "Er versteht es hervorragend, Theorie und Praxis anschaulich miteinander zu verbinden und bringt die Akzeptanz neuer Arbeitsweisen und Technologien damit entscheidend voran."

Moderne Lebensräume

Ein weiterer Schwerpunkt auf der diesjährigen NordBau ist das Thema "WISSENschaf(f)t Lebensräume". Auch damit greift die Messe ein aktuelles Thema auf, dass sich im Vorjahr bereits angekündigt hatte. Dort war eine Vortragsveranstaltung des Landessportverbandes Schleswig-Holstein auf enormes Besucherinteresse gestoßen. Zwischenzeitlich haben die Landesregierung und der Landessportverband beschlossen, massiv in die landeseigenen Sportstätten zu investieren. Mit Fördergeldern in dreistelliger Millionenhöhe sollen die teils in die Jahre gekommenen Einrichtungen im Lande grundlegend modernisiert werden. Grund genug, dem Thema eine eigene Sonderschau zu widmen. Jansch: "Wir greifen dieses sehr aktuelle Thema gerne auf und wollen uns dabei mit der Frage beschäftigen, wie eine zeitgemäße Sportstättengestaltung eigentlich aussehen sollte."

Blick auf das Messegelände in Neumünster zur NordBau im vergangenen Jahr.Fotos: Messe

Die geplanten Investitionen seien eine hervorragende Gelegenheit, nicht alleine die Funktionalität für traditionelle Sportangebote herzustellen, sondern vielmehr Anlagen so herzurichten, dass sie den veränderten Trends bei den Sportarten entsprechen, erklärt Jansch. Ebenso seien unterschiedliche Anforderungen bei verschiedenen Generationen sowie zwischen Stadt und Land zu berücksichtigen. Dabei seien so wichtige Themen wie Inklusion, Integration und zeitgleiche Angebote für Kinder und Eltern zu berücksichtigen. Der Aspekt, dass Sportanlagen im Freiraum und im Verein als wichtige Begegnungsstätten für den sozialen Zusammenhalt dienen, sollte bei Vorschlägen und Planungen stärker Beachtung finden.

Unterstützt wird die NordBau bei dieser Sonderschau sowohl vom Landessportverband Schleswig-Holstein als auch von der Technischen Hochschule Lübeck. Gemeinsam mit weiteren Partnern wird in der Halle 8 auf rd. 400 m² eine zentrale Anlaufstelle mit Beispielmodulen, Modellen und Planungsbeispielen entstehen. Ein Highlight verriet Messechef Dirk Iwersen bereits vorab: Das Modell einer sog. stehenden Welle im Maßstab 1 : 6, das von der Technischen Hochschule Lübeck speziell für die Messe angefertigt wurde.

Europa zu Besuch

Neben den genannten Schwerpunktthemen greift die NordBau 2019 wieder auf einen breiten Themenmix zurück, der alle Beteiligten am Bau auf seine Kosten kommen lassen soll. Angefangen bei Baumaschinen über Baumaterialien und Installationstechnik bis hin zum Thema Gebäudesteuerungen gibt es Einiges zu erkunden. Etwas mehr Raum im Freigelände erhalten dieses Jahr die Aussteller aus dem Nutzfahrzeugbereich. "Gerade in den Jahren, in denen keine IAA stattfindet, ist unser Angebot für die Hersteller und Händler von Baufahrzeugen von großem Interesse", erklärt Jansch. "Wir bieten dabei den Vorteil, dass wir uns ganz auf das Angebot für den baugewerblichen Sektor konzentrieren und die Hersteller und Händler hierfür genau ihr Publikum finden."

Auch politisch schöpfen die Veranstalter der NordBau einmal mehr aus dem Vollen. Neben Ministerpräsident Daniel Günther, der zum nunmehr dritten Mal in Folge die Grußworte zur Eröffnung der Messe sprechen wird, konnten gleich vier Botschafter der Anrainerländer Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland für die traditionelle Podiumsdiskussion gewonnen werden. "Der Zeitpunkt hätte besser nicht sein können", betont Messechef Dirk Iwersen. "In Dänemark haben die vorbereitenden Arbeiten für den Bau der Fehmarnbeltquerung begonnen. Gemeinsam mit den Botschaftern der skandinavischen Anrainerländer werden wir über die Bedeutung dieser wichtigen Verbindung für Europa und darüber hinaus diskutieren. Was bringt sie uns wirtschaftlich, welche kulturelle Bedeutung hat sie? Fehmarnbelt ist keine deutsch-dänische Geschichte. Die Bedeutung dieses Projekts geht weit darüber hinaus, und das wollen wir in dieser Gesprächsrunde herausstellen."

Die Digitale Baustelle wird auch in diesem Jahr ein zentrales Schwerpunktthema der Messe sein.

Unlängst zum Politikum geworden ist auch das zähe Ringen um den beruflichen Nachwuchs, insbesondere in der Bauwirtschaft. Wie schon in den vergangenen acht Jahren veranstaltet die NordBau deshalb auch in diesem Jahr wieder den nordjob-Bau-Infotag. Unter dem Motto "Faszination Bauberufe" informieren verschiedene Unternehmen auf der Messe umfassend über die Berufsfelder in der Branche. "Für die Schulen hier im norddeutschen Raum ist unser Angebot schon zum Standardprogramm geworden", erklärt Wolfgerd Jansch. Erneut werden zwischen 1000 und 1500 Schülerinnen und Schüler erwartet, die sich vorab angemeldet haben und mit Bussen zur Messe gebracht werden. Die Kosten werden von den teilnehmenden Unternehmen übernommen, für die das Format einen hohen Nutzwert hat. Denn, so Jansch: "Hier kommen junge Menschen, die sich schon vorab mit der Option des Bauwesens auseinandergesetzt haben und bereits ein Grundinteresse mitbringen."

Auf Tuchfühlung

Gewohnt umfangreich gestaltet sich einmal mehr das Rahmenprogramm der NordBau. Parallel zur Messe werden wieder diverse Vortrags- und Weiterbildungsveranstaltungen angeboten, die den Teilnehmern ermöglichen, den max. Mehrwert aus ihrem Messebesuch zu ziehen. Nebst zahlreichen kleineren Seminaren werden u. a. auch die Norddeutschen Kanalsanierungstage wieder auf der NordBau stattfinden – dieses Jahr mit dem Fokus auf strategischen Herangehensweisen bei Vergabe und Bau. Das Praxis-Forum Kommunal- und Umwelttechnik rückt dieses Jahr die Themen Sicherheit und Verantwortung bei kommunalen und Umwelt-Aufgaben in den Mittelpunkt. Ein weiteres Veranstaltungshighlight erwartet interessierte Fachbesucher beim diesjährigen Forum Zukunft Bauen des Informationszentrums Beton. Unter dem Titel "Nachhaltige Betone und erstaunliche Technologien für Sichtbetone" befasst sich die Veranstaltung insbesondere mit Nachhaltigkeitsthemen wie der Betonteilaktivierung sowie dem Recycling von Beton.

Darüber hinaus bietet die NordBau auch 2019 verschiedene Rundgänge an, auf denen sich die Besucher gezielt zu spezifischen Themen informieren können. In diesem Jahr bietet die Messe dabei eine Besonderheit: eine spezielle Führung für blinde Menschen. Es ist ein vergleichsweise kleines, aber umso interessanteres Detail, wie Dirk Iwersen erklärt: "Entstanden ist diese Idee durch die Anfrage eines erblindeten Baumaschinen-Enthusiasten." In einem Brief an die Messe schilderte er seine Begeisterung für moderne Baumaschinentechnik und sein großes Interesse dafür, wie sich diese anfühlen und anhören. "Wir haben uns daraufhin entschlossen, eine spezielle Führung anzubieten, auf der wir genau das möglich machen", so Iwersen. "Das traf auch bei unseren Ausstellern einen Nerv. Unternehmen wie bspw. Zeppelin beschäftigen sich bereits seit längerem mit dem behindertengerechten Umbau von Baumaschinen", ergänzt Jansch. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels erlangt dieses Thema zunehmend Bedeutung. "Menschen mit einem körperlichen Handycap sind in einem Bereich vielleicht eingeschränkt, in einem anderen dafür umso begabter. Es ist wichtig, diesen Menschen zu zeigen, dass eine Behinderung nicht zwangsläufig bedeutet, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Unsere Führung für Blinde ist in dieser Hinsicht nur ein kleiner Testballon. Wenn er darüber hinaus jedoch Signalwirkung entwickeln kann, dann lohnt das Vorhaben allemal."