Neue Scan-Totalstation

Bauwerkskontrollen in Echtzeit durchführen

Mit der Software Magnet wird die erfasste Punktwolke in ein 3D-Modell umgewandelt.

Hamburg/Hannover. – Mit der GTL-1000 stellt Topcon eine neue Robotik-Totalstation mit Scanner-Funktion zur Kontrolle von Bauabläufen vor. Laut Unternehmen können mit dem Gerät Überprüfungen, die sonst mehrere Tage in Anspruch genommen haben, nun innerhalb weniger Stunden erledigt werden. Im englischen Surrey wurde das Gerät erstmals bei einem Hochbauprojekt in der Praxis eingesetzt. Darüber, und was die Entwicklung laut Topcon so "bahnbrechend" macht, sprach ABZ-Redakteurin Jennifer Schüller mit Wolfgang Bücken, Business Development Manager & Key Account Manager DACH bei Topcon. Zahlreiche Groß-Bau-Projekte haben in den vergangenen Jahren in Deutschland für Schlagzeilen und Diskussionen gesorgt. Die Gründe: Bauablaufstörungen, Mängelberichte, Kostenexplosionen – die Probleme bei der Realisierung von Projekten wie etwa dem Berliner Großflughafen stehen sinnbildlich nicht nur für einen eklatanten Mangel an Kommunikation der beteiligten Gewerke, sondern auch für ein weitreichendes Versagen bei der adäquaten Überprüfung des Baufortschritts im Abgleich mit den vorhandenen Plänen.

Auch aktuell schleichen sich auf zahlreichen Baustellen Deutschlands immer wieder Fehler ein, es kommt deshalb zu Verzögerungen und die Kosten schnellen dementsprechend in die Höhe. Tatsächlich, so erklärt Wolfgang Bücken, Business Development Manager & Key Account Manager DACH bei Topcon, im Gespräch mit der ABZ, lägen fast 20 Prozent aller Bauvorhaben über dem zuvor kalkulierten Budget. Häufig hapere es auch in diesem Fällen an Kommunikation und Transparenz.

Vereinfachter Workflow

Building Information Modeling (BIM) – eine Methode, Bauwerke anhand eines digitalen, stets aktuellen Gebäudemodells, auf das alle am Projektbeteiligten Zugriff haben, über ihren gesamten Lebenszyklus hinaus mit allen relevanten Informationen abzubilden – verspricht hier Abhilfe. Deutschland hinkt in der Nutzung dieser Arbeitsweise dem Ausland jedoch noch ein wenig hinterher.

Einen ersten Schritt, um dies zu ändern, können Bauunternehmen nach Ansicht von Bücken mit der neuen Scan-Robotik-Totalstation GTL-1000 von Topcon machen, denn dieses Tool verspreche einen vereinfachten Workflow in Bezug auf den Abgleich von Planung und Bauausführung.

Den Anstoß zur Entwicklung dieses Geräts gaben Gespräche mit unterschiedlichen Bauunternehmen, um herauszufinden wo Bedarfe liegen, berichtet Bücken. Ganz konkret sei hier der britische Baukonzern Balfour Beatty zu nennen. "Das Team von Balfour Beatty trat an uns heran, weil man dort unzufrieden mit den üblichen Bauprüfungsverfahren war", sagt Bücken. Man beschloss eine Kooperation und arbeitete schließlich bei einem Hochbauprojekt in der südenglischen Grafschaft Surrey zusammen, um die Verifizierungsprozesse effektiver und effizienter zu gestalten. Dabei kam die GTL-1000 erstmals zum Praxiseinsatz. "Das Besondere an der GTL-1000 ist, dass sie drei Funktionen in einem Gerät vereint", sagt Bücken. Die Robotik-Totalstation ermögliche das Abstecken und Scannen eines Projekts, die direkte Auswertung der erhaltenen Daten und damit einen unmittelbaren Abgleich mit dem Modell. Dabei sei keine Cloud-to-Cloud-Verbindung notwendig. Im Zusammenspiel mit der Software Magnet Collage und Collage Web – mit der 3D-Punktwolken erstellt, freigegeben, geteilt und mittels GPU-Nutzung schnell verarbeitet werden können – sowie der Software ClearEdge3D Verity for Navisworks, die den direkten Vergleich der Punktwolke des Bestands mit den BIM-Daten (Entwurfs- und Fertigungsmodelle) ermöglicht, bilde die GTL-1000 somit ein Tool, dass schneller Auskunft über die Qualität der Bauausführung geben könne, als jedes andere Gerät am Markt, so der Experte von Topcon. Zudem stelle Clear-Edge3D Verity die Berichte zur Qualitätssicherung im Internet bereit, sodass alle Projektbeteiligten jederzeit online darauf zugreifen können.

Wolfgang Bücken, Business Development Manager & Key Account Manager DACH bei Topcon.Fotos: Topcon

Mit der GTL-1000 seien die Tage gezählt, in denen erst ein Vermessungsteam aufwendig alles absteckt, anschließend wieder verschwindet und dann – manchmal erst Wochen später – von einem anderen Team die Ist-Aufnahmen gemacht werden. Die Ungenauigkeiten, die sich innerhalb dieses Zeitraums ergeben können, würden mit der Neuentwicklung unterbunden. Ebendiese Möglichkeit, unmittelbar Ist- und Soll-Daten miteinander zu vergleichen, sei auch eines der Hauptanliegen des britischen Baukonzerns Balfour Beatty bei dem Pilotprojekt "Cooper's Hill" gewesen, so Bücken.

Bei dieser Bau-Maßnahme handelt es sich um eine millionenschwere Renovierung eines viktorianisch-gotischen Gebäudes, das zuletzt als Studentenwohnung genutzt wurde. Die Umwandlung umfasst die Umnutzung des Hauses sowie den Bau einer neuen Stahlkonstruktion zur Schaffung von 78 luxuriösen Seniorenwohnungen. Das britische Unternehmen habe den Workflow unter anderem bei der neuen Stahlrahmenkonstruktion zum Abgleich mit den Konstruktionsmodellen genutzt. So habe das Unternehmen Fehler finden und korrigieren können, bevor das Material überhaupt verbaut wurde.

Scan-Prozesse verkürzen

Die Software ClearEdge3D Verity habe dem Unternehmen außerhalb der Toleranz liegende Bereiche zeigen können und zudem ermöglicht, Designs und Scans detaillierter zu betrachten, als es zuvor möglich gewesen sei. Insgesamt habe Balfour Beatty durch den Einsatz der GTL-1000 eine höhere Kosteneffizienz erreichen können. Laut des Bauleiters Guy Murphy bei Balfour Beatty habe die Totalstation dem Unternehmen ermöglicht, dass Projekt zu jedem gewünschten Zeitpunkt zu verifizieren. Zudem habe sie die Zeit für den Scan- und Verifizierungsprozess drastisch verkürzt. Künftig könne sich das Unternehmen Ausgaben für externe Scan-Teams sparen, da die Totalstation es Bauleitern ermögliche selbst mehr Funktionen zu übernehmen, berichtet Bücken im Gespräch. Kurz: Die neue Scan-Lösung steigere die Produktivität auf der Baustelle, indem sie den Bauprozess beschleunige und Aufgabenstellungen im Modell effizienter als herkömmliche Verfahren erkenne.

Die GTL-1000 ermöglicht die kontinuierliche Überprüfung des Baufortschritts.

Wie die Zusammenarbeit mit Balfour Beatty bereits zeigt, sieht Topcon primär in Bauunternehmen mit einer eigenen Vermessungsabteilung seine klassischen Anwender, wobei Bücken betont, dass auch Vermessungsbüros bereits Interesse an der Scan-Robotik-Totalstation bekundet hätten. Insgesamt wurden seit Markteinführung im September dieses Jahres bereits mehr als 20 Geräte verkauft, berichtet Bücken. Und auch auf der zurückliegenden Intergeo habe man zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten. "Ich werde bis Ende des Jahres noch bei rund 20 Unternehmen die GTL-1000 vorstellen", sagt Bücken. Das Interesse an Vorführungen sei nach der Messe nochmal angewachsen.

Bücken zufolge kann die Entwicklung in einer Vielzahl an Bereichen Einsatz finden. Klassisch sei bei der Entwicklung an Hochbauprojekte gedacht worden, aber die Totalstation könne theoretisch auch im Tief- oder Straßenbau genutzt werden. Wobei der Experte hier eine Einschränkung macht. Die Grenzen der GTL-1000 lägen beispielsweise in der Entfernung.

Scans könnten in einem Radius von 50 bis 70 Metern problemlos vorgenommen werden, wenn aber etwa eine langgestreckte Straße vermessen werden wollte, könne dies unter Umständen zu Ungenauigkeiten führen. Derzeit testet Topcon aber noch ganz andere Einsatzfelder für die Entwicklung. "Momentan arbeiten wir mit einem Schiffsbau-Unternehmen zusammen, die die Technik der GTL-1000 für sich nutzen will", sagt Bücken.

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